
Das komische Theater des Signore Goldoni
Gastspiel im Rahmen des Schweizer Theatertreffens
zum Stück
Die Hauptrolle spielt ein kleiner roter Vorhang. Es ist kein normaler Vorhang, es ist der Theatervorhang – der, der alle Zeiten überlebt hat. Auch die Zeit, in der es ihn noch gar nicht gab und die, in der es ihn fast nicht mehr gibt. Dieser Vorhang ist so wendig, unlogisch und überraschend wie das Ensemble, das um ihn herumspringt, aus ihm geboren wird, sich hinter ihm versteckt, ihn malträtiert und – umspielt.
«Der Diener zweier Herren» von Carlo Goldoni, mit seinem rasenden Truffaldino im Zentrum, der alles gleichzeitig macht, um eine doppelte Gage auf die Hand und wenigstens eine halbe Portion in den Bauch zu bekommen, ist natürlich sowieso ein Theaterevergreen. Jedoch umgibt Goldoni auch oft eine dichte Staubwolke.
In Max Merkers Inszenierung wird der Staub auch gleich aktiv und bisweilen aggressiv aus den Kostümen geklopft, Martin Bieris Überschreibung macht das Gleiche mit der Sprache. Welche sich dann konsequenterweise auch buchstäblich aus dem Grab erhebt: in Form des Signore Goldoni persönlich. Wahrscheinlich hat er es dort drinnen vor lauter sich um sich selbst drehen nicht mehr ausgehalten. Im Laufe des Stückes wird er immer lebendiger, seine Mission befeuert ihn: Er ist da, um Autorenschaft, Text – die Literatur! zu retten. Vor eitlen Schauspieler*innen, denen nichts heilig ist, Hauptsache, es wird gelacht, vor Regisseur*innen, die glauben, sie seien er, und vor einem Zeitgeist, der denkt, Texte seien nur eine Nebenerscheinung des Theaters.
Das ist öfter Mal sogar Original Goldoni, denn dieser kämpfte ja gegen eine Zeit, die Stücke in der Form, wie er sie zu schreiben beschlossen hatte, noch gar nicht kannte. In welcher Zeit also befinden wir uns? Dass das in dieser Inszenierung so verschwimmt, ist – neben hinreissender Musik, famosem Slapstick, Irrsinn und Hochleistungssport – das Herrlichste an diesem Theaterabend. Wir sind ganz in der Commedia dell’arte und ganz im Heute. Denn ein Vorhang, der geschlossen ist, ist noch lange nicht zu. Und die im modernen Theater so beliebte Nebelmaschine kann auch Staub aufwirbeln.
Lachen und Husten liegen sowieso nah beieinander.
Julie Paucker
Künstlerische Leiterin Schweizer Theatertreffen
«Das komische Theater des Signore Goldoni»
Schauspiel nach «Der Diener zweier Herren» von Carlo Goldoni
Max Merker arbeitet als Regisseur und Schauspieler in der freien Szene und an Stadttheatern. Seine Produktionen, oft in Zusammenarbeit mit dem Dramaturgen/Autoren Martin Bieri, dem Bühnenbildner Damian Hitz, der Kostümbildnerin Nic Tillein und dem Musiker-Schauspieler Aaron Hitz (Truffaldino), sind clownesk, poetisch, manchmal mehrsprachig. Ihr Zusammentreffen mit dem Ensemble des Konzert und Theater St. Gallen und natürlich mit Carlo Goldoni, erscheint wie ein Glücksfall.
Galerie
Besetzung
Produktionsteam
- Regie –
- Bühne –
-
Kostüme –
Nic Tillein
-
Licht –
Dennis Scherf
- Dramaturgie –
-
Musik –
Michel Schröder
Besetzung
-
Annabel Hertweck
-
Diana Dengler
-
Marcus Schäfer
-
Anja Tobler
-
Manuel Herwig
zum Theatertreffen
Seit zehn Jahren vernetzt das Schweizer Theatertreffen über Sprachgrenzen hinweg das hiesige Theaterschaffen, von Freier Szene bis Stadttheater. Ins Leben gerufen wurde es als Gemeinschaftsprojekt von Schweizerischem Bühnenverband, Bundesamt für Kultur, Internationalem Theaterinstitut und dem Verband t. Theaterschaffen Schweiz. Es findet jeweils Ende Mai an wechselnden Orten statt und präsentiert Stücke aus allen Landesteilen. Darüber hinaus veranstaltet das Schweizer Theatertreffen ein vielseitiges Rahmenprogramm mit Podiumsdiskussionen, Workshops und Vorträgen zu aktuellen kulturpolitischen Themen und Fragestellungen.
Im Jahr 2025 sind die gastgebenden Orte Zug und Luzern. Am Freitag, 23. Mai 2025, findet das Theatertreffen im Luzerner Theater statt. Die Auswahl der eingeladenen Stücke finden Sie weiter unten. Das Luzerner Publikum darf sich auf ein aussergewöhnliches Gastspiel aus einer der vier Schweizer Sprachregionen freuen!
Nachdem 2024 unser Stück «Orlando – eine Biographie » und 2022 die UG-Produktion «LIEBE/ Eine argumentative Übung» auf der SHORTLIST der bemerkenswertesten Stücke stand, tritt das Luzerner Theater nun als Gastgeber für «Das komische Theater des Signore Goldoni» in der Regie von Max Merker, Konzert und Theater St. Gallen, auf. Damit bekräftigt es seine Vernetzung mit der gesamten Schweizer Theaterszene.
SÉLECTION 2025
Julie Paucker, die Künstlerische Leiterin des Schweizer Theatertreffens, hat aus ihrer SHORTLIST von siebzehn Theaterinszenierungen sechs herausragende Inszenierungen für die SÉLECTION zusammengestellt. Mit dieser Werkschau aus allen Sprachregionen macht das Festival die künstlerische, sprachliche und kulturelle Diversität der Schweizer Theaterszene sichtbar. Vertreten sind Produktionen aus der ganzen Schweiz, die in freien Theatern, an Stadttheatern und in der freien Szene produziert worden sind. Die Stücke werden jeweils in ihrer Originalsprache gespielt und übertitelt.
Actapalabra – Joan Mompart, Philippe Gouin (Conception et jeu) – Théâtre Am Stram Gram
Blutbuch – Sebastian Schug (Regie), Kim de l’Horizon (Text) – Bühnen Bern
Ça commence par le feu – Anne Bisang (Mise en scène), Magali Mougel (Texte), Camille de Pietro (Réalisation Film) – Théâtre populaire romand - Centre neuchâtelois des arts vivants (Production) – POCHE/GVE (Coproduction)
Dans ton intérieur – Julia Perazzini (Conception, écriture, interprétation) – Cie Devon (Production) – Arsenic - Centre d'art scénique contemporain Lausanne, Théâtre Public de Montreuil - Centre Dramatique National, Théâtre Saint-Gervais, Genève (Coproductions).
Das komische Theater des Signore Goldoni nach Carlo Goldoni – Max Merker (Regie) – Konzert und Theater St. Gallen
Die Krume Brot – Antú Romero Nunes (Regie), Lukas Bärfuss (Text) – Schauspiel Theater Basel
Als Extra «HORS SÉLECTION» spielt zudem der 2021 in Kollaboration mit dem Teatro Sociale Bellinzona entwickelte Abend von Raissa Aviléz «Maybe a Concert».
SHORTLIST 2025
Actapalabra – Joan Mompart, Philippe Gouin (Conception et jeu) – Théâtre Am Stram Gram
Blutbuch – Sebastian Schug (Regie), Kim de l’Horizon (Text) – Bühnen Bern
BODY OF FEAR – Les Mémoires d`Helène – Rote Fabrik Zürich, Cirque de Loin St. Gallen, Norient Festival Bern
Ça commence par le feu – Anne Bisang (Mise en scène), Magali Mougel (Texte), Camille de Pietro (Réalisation Film) – Théâtre populaire romand - Centre neuchâtelois des arts vivants (Production) – POCHE/GVE (Coproduction)
COLD – Fatima Moumouni, Laurin Buser (Idee, Entwicklung, Texte und Spiel) – Kaserne Basel, Gessnerallee Zürich
Dans ton intérieur – Julia Perazzini (Conception, écriture, interprétation) – Cie Devon (Production) – Arsenic - Centre d'art scénique contemporain Lausanne, Théâtre Public de Montreuil - Centre Dramatique National, Théâtre Saint-Gervais, Genève (Coproductions).
Dies ist keine Botschaft (Made in Taiwan) – Stefan Kaegi (Konzept und Regie) – Rimini Protokoll – Théâtre Vidy-Lausanne, National Theater & Concert Hall, Taipei (Produktion)
Fremde Seelen – Eva-Maria Bertschy (Konzept, Text, Regie) – Theater Neumarkt, Vorarlberger Landestheater
FURY ROOM – Fanny Krähenbühl (Konzept, Text, Spiel) – Cie la Dalle – INCUBO, PREMIO 2024
Höhere Gewalt – Maria Ursprung (Text, Regie) – Theater Marie – Bühne Aarau, Kurtheater Baden
Das komische Theater des Signore Goldoni nach Carlo Goldoni – Max Merker (Regie) – Konzert und Theater St. Gallen
Die Krume Brot – Antú Romero Nunes (Regie), Lukas Bärfuss (Text) – Schauspiel Theater Basel
Queere Tiere – Daniel Hellmann (aka Soya the Cow) (Text, Performance, Komposition), Coco Schwarz (aka Piano Prince) (Komposition, Piano, Performance) – 3art3 – Sogar Theater Zürich & Bühne Aarau
Sane Satan – Teresa Vittucci (Konzept, Text, Regie) – OH DEAR! (Produktion), Internationales Sommerfestival Kampnagel, Arsenic – - Centre d'art scénique contemporain Lausanne, Tanzhaus Zürich, Charleroi danse DCCN, La briqueterie CDCN du Val-de-Marne, Théâtre Saint-Gervais Genève, Dampfzentrale Bern (Koproduzenten)
TELL von Joachim B. Schmidt – René Schnoz (Regie, Textfassung) – Die Kollaborateure – Klibühni, Das Theater
Tourist Trap – Thom Luz (Regie) – Bernetta Theaterproduktionen (Produktion), Kaserne Basel, Gessnerallee Zürich, Théâtre Vidy Lausanne, Teatro Stabile dell'Umbria, Bühne Aarau (Koproduzenten)
Vorrei una voce – Tindaro Granata (di e con) – LAC Lugano Arte e Cultura in collaborazione con Proxima Res

Zu sehen im Südpol:
16.00 Uhr
Gastspiel aus Lausanne / Julia Perrazini
Dans ton intérieur
→ Südpol Luzern, Grosse Halle
Rahmenprogramm «Kunst + Widerstand»
Das Schweizer Theatertreffen ist eine Feier des Bühnenschaffens aus allen vier Landesteilen, aber auch eine wichtige Plattform für Diskussion und Diskurs: Mit dem Rahmenprogramm zum Thema «Kunst + Widerstand» wird zur aktiven Beteiligung und Mitsprache eingeladen: In der Zentralschweizer Ausgabe vom 21. bis 25. Mai 2025 richtet sich der Fokus auf die Frage, was Künstler*innen und Akteur*innen der Schweizer Theaterszene dem aktuellen Weltgeschehen entgegenzusetzen haben.
Darauf zielt etwa das grosse Zuger Podium «Reichtum und Verantwortung»: Lukas Bärfuss, Autor des Eröffnungsstücks «Die Krume Brot», hält einen Vortrag über Geld, Migration, Obdachlosigkeit und schweizerische Zwangsarbeiterinnen. Anschliessend diskutiert er mit Dino Sabanovic (Galvanik Zug) sowie Vertreter*innen aus der Wirtschaft, es moderiert Eva-Maria Bertschy.
Die Zukunft gehört der Jugend. Deswegen wird am ASSITEJ-Podium «Raus aus der Nische!» über die Zukunft des Theaters für junges Publikum gesprochen. Zum ersten Mal wird der ASSITEJ-Preis im Rahmen des Festivals verliehen.
Weil der öffentliche Diskurs wieder patriarchaler wird, wird die Reihe «Chefinnen – Frauen in Leitungspositionen» weitergeführt, diesmal unter der Leitung von Dr. phil. Andrea Zimmermann. Um nicht dem neuen Trend «jedeR für sich» zu verfallen, wird auch die Netzwerkveranstaltung «Collaborazioni» fortgeführt. An einer Diskussion mit Living Smile Vidya, Julie Paucker, Kojack Kossakamvwe, Julia Reichert und Marcel Schwald über «Diversität auf Schweizer Bühnen» bekennen sich die Teilnehmenden langfristig dafür, dass der Weg zu mehr Diversität lohnenswert und unverzichtbar ist. Im Workshop am Feuer «Spark the flame!» mit Beatrice Fleischlin und Kompliz:innen wird die künstlerische Resilienz gestärkt.
Für einige Veranstaltungen wird um Anmeldung gebeten. Link zu den Formularen.
Das Schweizer Theatertreffen gehört zu den Promotionspartnern der vom Bundesamt für Kultur (BAK) vergebenen «Schweizer Preise Darstellende Künste» und freut sich, den prämierten Bühnenschaffenden eine Plattform zu bieten.
Weitere Informationen zum Schweizer Theatertreffen, zum Rahmenprogramm und zur diesjährigen Auswahl finden Sie unter: www.schweizertheatertreffen.ch
Rahmenprogramm in Luzern
Freitag, 23. Mai
10:00 – 12:00 Uhr
Chefinnen – Frauen in Leitungspositionen
Keynote und Workshop mit Dr. Andrea Zimmermann
→ Luzerner Theater, Box
12.30 – 13.45 Uhr
Mittagstisch mit Input von t. Zentralschweiz
für Fachpersonen und Interessierte
→ Südpol Luzern, Kantine
14.00 – 15.30 Uhr
Diversität auf Schweizer Bühnen
Diskussion mit Living Smile Vidya, Marcel Schwald u. a.
→ Südpol Luzern
21.30 Uhr
Ausklang im Foyer des Luzerner Theaters