Der Raub der Sabinerinnen
Der Raub der Sabinerinnen

Interview mit Emil Sterneck aus «Der Raub der Sabinerinnen»

Schauspiel
8. Oktober 2025


Emil Sterneck, Sie sind jetzt seit 25 Jahren in der Rolle des jugendlich-naiven Liebhabers Teil der Kompanie Emanuel Striese.

Ja genau, also übergangsweise.
 

Wie sind Sie zum Theater gekommen?

Also ich habe früher überhaupt nicht mit dem Gedanken gespielt, Theater zu machen. Aber plötzlich habe ich angefangen, nach dem Sinn des Lebens zu suchen. Und dann bin ich während einer finanziellen Notsituation auf Emanuel getroffen, also Emanuel Striese, und der hat etwas in mir gesehen. Ich habe durch ihn zum ersten Mal in meinem Leben Anerkennung und Wertschätzung erfahren. Und das hat eine Zeit lang ganz gut gehalten.
 

Was sagen Ihre Eltern dazu, dass Sie vom Lehrsaal auf die Bühne desertiert sind?

Meine Mutter ist leider recht früh an Tuberkulose gestorben, ich kann mich kaum erinnern. Und mit meinem Vater bin ich zerstritten, der weiß gar nicht, dass ich Schauspieler bin. Der war nie zufrieden mit mir, weil ich seinen Erwartungen nicht gerecht geworden bin. Aber irgendwie ist er auch schuld daran, dass ich jetzt Schauspieler bin, denn er hat aus dem nichts heraus aufgehört, mich zu unterstützen und da hat mich das Theater aufgefangen.
 

Ich finde das so grossartig, wie viel Text Sie da auswendig sprechen. Wie kann man sich als Schauspieler so viel Text merken?

Bei uns in der Kompanie spielen ohne Soufflage, deshalb haben wir ein ausgeklügeltes System, bei dem wir Texte, wenn möglich, im Bühnenbild verstecken, natürlich für das Publikum unsichtbar. Und da ich ja seit 25 Jahren im selbst Fach tätig bin, kenne ich die Partien sowieso in und auswendig – die spiele ich Ihnen im Schlaf.
 

Können Sie auf Knopfdruck weinen?

Ja. Auch da haben wir Hilfsmittel. Es gibt so kleine Fläschchen mit Zwiebelsaft, die hab ich in der Hosentasche und fahr mir mit dem Saft über die Augen. Aber das Problem ist, das Zeug wieder runterzubekommen, denn wenn das einmal drauf ist, dann heult man eben.

Es gibt aber auch noch eine andere Möglichkeit: Ich hatte nämlich einmal ein traumatisches Erlebnis: die Trennung von Sabine, die mich zutiefst gekränkt hat. Ich habe Sabine wirklich geliebt, aber dann stellte sich heraus, dass sie nur an den materiellen Werten interessiert war… Und wenn ich an Sabine denke, dann muss ich eigentlich sofort weinen.
 

Was machen Sie direkt bevor Sie auf die Bühne gehen?

Das kommt auf die Partie an. Meistens sitze ich und warte auf meinen Auftritt. Und denke an nichts.
 

Haben Sie sich schon einmal in jemanden verliebt, weil Sie ihn auf der Bühne küssen mussten?

Ja. Das kommt sehr häufig vor. Vor allem am Anfang. Wir haben aber in der Kompanie nicht so eine große Fluktuation, daher hat sich das über die Zeit gelegt. Aber vor allem die Worte, die man miteinander wechselt, ich glaube dadurch habe ich mich schon öfter verliebt als über den Kuss.
 

Wo hört die Rolle auf und wo fängt Emil an?

Ich kann das gar nicht trennen. Sie müssen sich vorstellen, ich bin seit 25 Jahren im Fach jugendlich-naiver Liebhaber. Ich spiele nicht – ich bin. Ich kann mir die Rolle nicht mehr abnehmen. Und weil ich jetzt auf einem Scheideweg in meinem Leben stehe, wo ich das ganze Theater infrage stelle, weiß ich gar nicht mehr: Wer bin ich, wenn nicht die Rolle??
 

Es gibt einige Stücke, bei denen ein Stück im Stück oder ein Spiel im Spiel stattfindet, beispielsweise in Shakespeares „Sommernachtstraum“ oder „Hamlet“. Auch beim „Raub der Sabinerinnen“ gibt es diesen doppelten Boden. Sind Sie im Spiel im Spiel eher Akteur, Beobachter oder Doppelgänger der eigenen Figur?

Kann ich die Frage nochmal hören?
 

Sind Sie im Spiel im Spiel eher Akteur, Beobachter oder Doppelgänger der eigenen Figur?

Achso. Also. Nein, also damit es mir nicht so langweilig wird, versuche ich dann schon, die Figur im Spiel anders anzulegen, denn sonst würden mir die Füße einschlafen. Bei meinem Rollenfach geht es aber ja auch um das Echte, Pure, also das kommt dann auf den Part an. Ich fühle mich sonst auch ein bisschen unterfordert.
 

Wenn das Spiel im Spiel ein Spiegel ist, sehen Sie dann darin die Figur, die Figur der Figur oder nur den Spiegel?

Ich würde sagen ich sehe eine Mischung aus der Figur der Figur und dem Spiegel. Aber der Spiegel ist vorrangig, denn das Spiel im Spiel soll ja etwas erzählen über die andere Figur oder über mich oder über alle. Im besten Fall über alle. Die Gesellschaft im Ganzen.
 

Kann man die Kostüme am Ende behalten?

Ja das ist bei uns in der Kompanie so, dass jeder wie in einer Genossenschaft seine Anteile mitbringt. Mein größter Anteil ist meine Garderobe. Als ich damals von zuhause ausgezogen bin, hatte ich nur drei Kleiderkoffer, denn ich habe die meiste Zeit in Hotels gelebt. Ich hatte eine Menge Abendgarderobe, Morgenmäntel – ich hatte eigentlich alles. Mein Vater ist Weinhändler, müssen Sie wissen. Und das war sicherlich ein Pluspunkt in der Kompanie.  Ich habe den Fundus um etwa 50 Prozent erweitert.
 

Haben Sie Vorbilder?

a, die Shakespeare Company, Sir Peter Ustinov und Tom Hanks.
 

Was war Ihr größter Erfolg?

Die Uraufführung von „Die Töchter der Berge“, da war ich der junge Hirte. Ein Passionsspiel. Und wenn ich Passion sage, dann meine ich auch wirklich Leidenschaft.
 

Verkraftet es Ihr Ego, wenn Sie nur eine Nebenrolle bekommen?

Nein.
 

Wie empfinden Sie die Zusammenarbeit mit Emanuel Striese?

Emanuel ist für mich wie ein Vater. Ich finde beeindruckend, wie dieser Mensch uns alle zusammenhält. Er entdeckt neue Stücke, neue Talente und hat dabei eine starke Verpflichtung gegenüber dem Ensemble: Der würde mich nie einfach so auf die Straße setzen und das ist viel in dieser Welt voller Einzelkämpfer.
 

Worum geht es beim Raub der Sabinerinnen?

Es geht im Großen und Ganzen um… den Raub der Sabinerinnen… um die Gesellschaft… und um die Rettung der Männer durch die Sabinerinnen… Es geht auch um die Neuerzählung der Menschheitsgeschichte.
 

Können Sie uns verraten, wer das Stück geschrieben hat?

Nein das ist geheim, da kann ich vor der Premiere gar nichts zu sagen. Der Autor möchte gerne ungenannt bleiben und das muss man natürlich respektieren… Nur so viel, es ist eine stadtbekannte Persönlichkeit und ich sag nur als kleinen Tipp könnte man sagen Yvan Goll und als zweiten Tipp könnte man sagen Witz-komm-raus-du-bist-umzingelt und wenn man das jetzt verbindet, kann man seinen eigenen Schluss ziehen. Aber mehr kann ich wirklich nicht sagen, denn das würde Prof. Gollwitz nicht wollen.